IPad – Eine neue Chance für den Photojournalismus?






Viele photojournalistische Magazine verloren in den letzten zwei Jahrzehnten enorm viele Leser. Das digitale Zeitalter trug daran eine Hauptschuld. Doch genau dieses (neue) digitale Zeitalter könnte auch eine grosse Chance für den Photojournalismus sein.  Das Zauberwort heisst Mehrwert.

In den letzten 20 Jahren haben viele photojournalistische Magazine stark an Auflage und Leser eingebüsst. Und viele Magazine, welche Photo-Reportagen und -Dokumentation featurten, haben die Anzahl solcher visueller Artikel stark reduziert. Dies hatte verschiedene Gründe: Einerseits wanderte die Leserschaft in Richtung Web ab. Dort konnte der Leser oft gute Arbeit kostenlos zu sehen. Dadurch fielen die Anzeigepreise der Magazine wiederum in die Tiefe, wodurch noch weniger Fotografen und Bildmaterial bezahlt werden konnten. Unzählige Magazine mussten ihre Redaktionsbüros für immer räumen.

Aber auch durch die immer höhere Geschwindigkeit in der Medienwelt trug ihren Anteil bei. Auf einmal waren nicht mehr längere Reportagen gefragt, sondern wer am schnellsten das Bild zur aktuellen Story liefern kann. Zwar bieten Slideshows im Web eine neue und attraktive Möglichkeit an, Bilder dem Leser zu zeigen. Doch viele (schweizer) Zeitungs-Redaktionen beschränken sich darauf, kaum oder nur eine schlechte Auswahl an Bildern zu zeigen. Oftmals waren und sind Papparazzo Bilder mehr gefragt als längere, qualitative Bildserien.

Doch mit Tablets könnte dies sich vielleicht ändern. Nun haben Zeitungen und Magazine die Möglichkeit, wieder vermehrt mit Bildern in Serien zu arbeiten. Die neue User-Experience, Bilder gross und vollflächig, mit einer tollen Rückbeleuchtung und einfach mit einer Fingerbewegung zu wechseln, ist eine riesige Chance für visuelle Medien bzw. den dahinter stehenden Medienhäusern.
Und mit Apples ITunes steht den Verlegern zudem ein Werkzeug zur Verfügung, dass das abonnieren von Inhalten enorm vereinfacht. Zudem ist der Iphone-Nutzer sich gewohnt (und vor allem auch breit), für Apps mit Mehrwert Geld auszugeben.

Oder aber die Apps sind gratis für die Nutzer und von Werbekunden des Mediums/Verlages finanziert. Dies wird wohl bei Guardians Eyewiteness App für das IPad sein. Jedenfalls ist das Logo des Kameraherstellers Canon prominent platziert. Das kostenlose App zeigt einen möglichen Weg auf, wie Magazine zurück zum Photojournalismus gehen können: Das App lädt jeden Tag über 100 neue hochwertige Fotos aus aller Welt herunter. Diese können einzeln oder thematisch angezeigt oder als Slideshow abgespielt werden. Gefällt einem ein Bild speziell, kann man dieses in Social Networks wie Facebook, Twitter usw. mit seinen virtuellen Fruenden teilen. Zudem steht zu jedem Bild auch eine kurze Beschreibung des Fotoredaktions-Teams des Guardian.

Das App ist eine wirklich tolle Sache – speziell wenn man bedenkt, dass dies die erste Version ist. Kaum vorzustellen, was in zwei Jahren alles damit angestellt werden kann. Was ich mir persönlich wünschen würde wäre beispielsweise eine Weltkarte die anzeigt, von wo die jeweiligen Bilder stammen. Oder dass ich auf ein Land/Region klicken kann und mir dann Bilderserien von dort anschauen kann.
Die Entwickler des Guardian leisten hier meiner Meinung Pionierarbeit in diesem spezifischen Bereich. Andere visuell getriebene Magazine wie National Geographic, GEO usw. werden ziemlich sicher früher oder später nachziehen (müssen). Und vielleicht erhält das bekannteste, seit sechs Jahren eingestellte LIFE Magazine, eine digitale Wiedergeburt – wer weiss…
Auch werden neuen Formen von Photojournalismus eine neue Plattform erhalten, ihre Inthalte zu Verbreiten. Audio, Photographie und Video in einem als ein Produkt werden dank Tablets nicht nur möglich, sondern auch angenehm zu konsumieren. Mediastorm zeigt sehr schön auf, was alles in diesem Bereich im Web möglich ist. Ich hoffe sehr, dass Mediastorm bald eine App aufs Ipad bringen wird.

Ich bin absolut davon überzeugt, dass solche Applikationen wunderbar funktionieren. Und zwar von seitens der Leser, wie auch auf der ökonomischen Seite. Denn solche Möglichkeiten sind meiner Meinung nach ein klarer Mehrwert gegenüber dem Print – und noch wichiger: dem Web. Auch im Web kann man tolle Bilderserien ansehen. Big Picture vom Boston Globe ist ein gutes Beispiel dafür. Aber man muss dabei vor seinem Computer im Büro sitzen. Nun kann mann beim Zugreisen, auf dem Sofa sitzend oder wo immer sich zurück lehnen und die Bilder geniessen. Ein neues (altes) Lesevergnügen. Und eine grosse Chance für den Photojournalismus.
EduardJune 15, 2010 - 10:57 am

Pascal Landert und 9015 anderen gefällt das? Wie hast du den Like-Button so frisieren können? ;)

Nein im Ernst. Zwei Sachen die du selber schon angesprochen hast:
1. Gute Bilder in Fotomagazinen können durchaus reizvoll sein. Und es gibt sie immernoch. Wir haben zum Beispiel “Die Alpen” abonniert. Und da bekommt man sehr viele gute Bilder präsentiert, die man gerne auch vertieft betrachtet. Ich glaube jedoch nicht, dass solch qualitativ hochstehende Bilder bald in den Apps der Zeitungen zu finden sein werden. Ganz einfach weil es die Zeitungen mehr kostet und weil der Konsument dies nicht erwartet.
2. Ganz sicher bieten die Tablets Fachmagazinen oder Bildagenturen die Möglichkeit, solche Fotos dem Konsument in besserer Form auszuliefern. Vielleicht auch darum, weil der Konsument dann selber entscheiden kann, welche Bilder er vertieft betrachten und in voller Auflösung herunterladen/bezahlen will

Pascal Landert PhotographyJune 15, 2010 - 11:21 am

ja das mit der funktion schein bei FB zurzeit nicht ganz zu klappen… soviel werden wohl kaum den post geliked haben…haha

danke für deine gedanken zum thema.

auch ich liebe gute, gedruckte bilder auf papier – logisch. ich habe jahrelang zig snowboard mag gseammelt und gehortet. habe bestimmt jeden monat 4-5 mags gekauft. einige wenige (spezial-) ausgaben lieben immer noch bei mir rum.

aber leider gehen immer mehr magazine ein oder erscheinen nur noch regelmässig. das ist schade.

die meisten zeitungen haben ja sowieso unlimitierten zugang zu bildern bzw. bezahlen ein jahresabo und können somit soviele bilder wie sie wollen drucken. dass nun auch im web die bilder verwendet werden können, wird wohl die sau nicht mehr fetter machen. sprich sie müssen nicht viel mehr als bis anhin bezahlen.
daher denke ich schon, dass solche galerien durchaus in einem bezhalten zeitungs-app sinn machen und sich durchsetzten. quasi ein app im app.

und wie ich geschrieben habe denke ich, dass der leser nach wie vor für guten, exklusiven qualitätsjournalismus – darunter fällt für mich auch echter photojournalsimus – bezahlen wird. sicher nicht für agentur-journalismus, aber für infos, hintergründe und bilder, die er sonst nirgens zu sehen bekommt.

und wie du sagst: anstatt der bildredaktor in der zeitung entscheidet der leser selbst, welche bilder er betrachen möchte. das könnte auch ein weiteres argument sein.

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